Der Lößnitzer Stadtpark

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Wo sich heute der Park und benachbarte Fabrikanlagen erstrecken, befand sich bis in die 2. Hälfte des 19. Jh eine großflächige, sumpfige Wiesenaue, durchflossen vom Lößnitzbach und dem Mühlgraben. Hier weidete das Vieh der Lößnitzer Bauern und außer einer Schutzhütte für den Gemeindehirten sowie einiger kleiner Gärten war hier nichts anzutreffen. In alten Unterlagen wird dieses Gebiet die „Niedere Viehtrift“ genannt. Im Stadtplan von 1755 erscheint der Name „ Küh-Fiehzig“. Als mit fortschreitender Industrialisierung die Stadt fast aus den Nähten platzte und mit der Gründung einer Vielzahl von Vereinen für deren Aktivitäten akuter Platzbedarf herrschte, wurde gegen Ende des 19. Jh auf den ehemaligen Weideflächen ein ca. 1 ha großes Areal befestigt. Dieser Platz diente u.a. der Lößnitzer Turnerschaft, die es seit 1847 gab, für das Abhalten der damals üblichen turnerischen Großveranstaltungen. Später kamen die Lößnitzer Fußballer dazu, die hier trainierten und ihre Spiele absolvierten. Aber auch Schausteller und Zirkusleute fanden sich regelmäßig hier ein. Nicht zu vergessen die Lößnitzer Feuerwehr, die hier ihre Übungen abhielt. Trotz der vielfältigen Aktivitäten oder vielleicht gerade deshalb befanden sich nach einiger Zeit der Platz und umgebende Flächen in einem liederlichen, unansehnlichen Zustand. Das veranlasste 1934 den Stadtrat Nobis einen Antrag zur Schaffung einer Erholungsstätte für Lößnitzer Bürger auf eben diesem Gelände zu stellen. Der neugewählte Bürgermeister Ottiger und die Lößnitzer Stadträte begrüßten das Anliegen. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt einen größeren Kostenaufwand nicht erlaubten, appellierte der Bürgermeister an die Lößnitzer, bei der Schaffung einer Parkanlage mitzuhelfen. Die Resonanz war überwältigend. Nachdem Stadtoberbaumeister Schneider, Bautechniker Kluge und Oberförster i.R. Schrödter mit der Planung und Überwachung der in drei Bauabschnitten erfolgenden Arbeiten beauftragt worden waren, erfolgte im September 1935 der erste Spatenstich. Da standen der Bürgermeister neben dem arbeitslosen Fabrikarbeiter, der Kantor neben dem Handwerker, „bewaffnet“ mit Hacke und Schaufel, Schubkarre, Hammer und Feustel. Wer Arbeit hatte, kam nach anstrengender Schicht für ein bis zwei Stunden vorbei um mitzuhelfen. Wer nicht unmittelbar mittun konnte, spendete im Rahmen seiner Möglichkeiten. Es war ein einzigartiges Gemeinschaftswerk. Unglaubliche Erdmassen wurden bewegt, Wege angelegt, Steine für Wegbegrenzungen zurechtgehauen und gesetzt, Bäume gepflanzt u.v.m. Da schielte keiner nach Geld und Anerkennung, es galt ganz einfach ein Projekt zum Wohle der Heimatstadt und seiner Bürger durchzuziehen. Am 24.5. 1936 wurde der 1. Bauabschnitt fertig gestellt und im Beisein des sächsischen Innenministers Dr. Fritzsch in einem großen Festakt der Stadt übergeben. Da leuchteten erstmals die vielen bunten Lichterketten, ertönte die Musik der Lößnitzer Stadtkapelle und das Lachen und der Gesang der ausgiebig feiernden Lößnitzer war bis weit in die alte Bergstadt zu hören. Es folgten die Bauabschnitte 2 und 3, wobei letzterer am 30.7. 1938 fertig gestellt und übergeben wurde. Es war ein garten- und parkarchitektonisches Kleinod entstanden, welches dokumentierte, was Bürgerfleiß, gemeinsames Streben gepaart mit uneigennütziger Denkweise zu leisten vermögen. Viele Gäste aus Nah und Fern besuchten den Lößnitzer Park, wobei die Parkfeste besonders beliebt waren. Dann folgte der unsägliche 2. Weltkrieg. Im Park war es ruhig geworden. Ein im 3. Bauabschnitt gegossenes Fundament für ein Kriegerdenkmal blieb ohne Denkmal und das war gut so.

Nach dem 2. Weltkrieg gab es bis zum Jahre 1953 wenig über den Park zu berichten. Am 4.9. bis 7.9. 1953 fand die Stadionweihe des Lößnitzer Stadions statt, verbunden mit einem Parkfest. Es folgten weitere Parkfeste, die von der Lößnitzer Bevölkerung und ihren Gästen gern und ausgiebig gefeiert wurden. Ältere Lößnitzer Bürger erinnern sich gern daran. Der Park war sinnigerweise in einen Park der DSF (deutsch-sowjetische-Freundschaft) umbenannt worden. Das ging so bis 1963, dann zog wieder Ruhe ein. Böse Zungen behaupten, dass für die in die Jahre gekommenen Lichterketten in der sozialistischen Planwirtschaft kein gleichwertiger Ersatz besorgt werden konnte. Letzter Höhepunkt war eine Großveranstaltung anlässlich der 750-Jahr-Feier.

 Nach der politischen Wende wurde ein Bauabschnitt in einen Parkplatz umfunktioniert, aus verkehrstechnischer Sicht eine vernünftige Lösung für die Stadt. Im Rahmen von ABM-Maßnahmen wurden die verbliebenen Bauabschnitte in einen passablen Zustand versetzt und gehalten. In jüngster Zeit gibt es hoffnungsvolle Zeichen. Junge Lößnitzer Bürger haben eine Initiative ins Leben gerufen, wonach jährlich im Frühjahr eine große Säuberungs- und Pflanzaktion gestartet wird. Parallel dazu wird ein Kinderfest durchgeführt und nach Beendigung der Arbeiten gibt es ein gemütliches Zusammensein bei Bratwurst und Bier. Stadtverwaltung und Heimatverein unterstützen diese Initiative und es glimmt ein kleiner Hoffnungsfunke, unseren Stadtpark in absehbarer Zeit in altem Glanz erstrahlen zu sehen.

BM

 

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